Donnerstag, 21. Juli 2011

Mit Opa Phil nach Enterprise

Nach der zweiten Nacht ohne Schlaf kann es eigentlich nur noch besser werden. Frank fängt an den Minivan wieder vollzustopfen. Dazu läuft er immer schön vollbepackt von unserem Zimmer in der ersten Etage hinunter zum Parkplatz. Dort schleicht ein Opa über den Parkplatz und schaut immer wieder interessiert zu dem Chrysler. Der Opa sieht aus wie man sich einen Opa vorstellen muss: dünn, schlürfender Gang, einen etwas krummen Rücken, viel zu weite Hosen mit schrägen Hosenträgern und einer Zigarre im Mund. Er spricht Frank an und meint dass das ein tolles Auto sei und es müssten doch mindestens 8 Mann da hineinpassen. Frank bestätigt dass das ein tolles Auto sei und dass entweder 8 Mann oder gerade eine Campingausrüstung für eine Woche hineinpasst, wenn man gut drückt.

Frank schleppt weiter Zeug vom Hotelzimmer zurück ins Auto. Er erfährt nun bei jedem weiteren Gang die Vorzüge amerikanischer Autos. Besonders Chrysler ist gut. Mittlerweile weiß Frank dass der Opa Phil heißt. Das Auto ist nun fast wieder voll und schreit unter dem Gewicht. Plötzlich fragt Phil ob da nicht noch etwas Platz für ihn im Auto sei, er müsse auch nach Enterprise und er hatte gestern einen Unfall. Ist beim Fahren eingeschlafen und nun ist sein Auto kaputt. Frank sagt es tut ihm Leid, aber da ist kein Platz mehr. Wieder oben im Hotelzimmer macht Frank den Fehler und fragt Melanie ob sie was dagegen hat, wenn wir einen netten Opa mitnehmen, der einen Unfall hatte. Melanie macht den Fehler nein zu sagen. Frank stopft noch schnell den Kinderwagen ins Auto und macht den Fehler Opa Phil zu fragen wie viel Zeug er denn hätte. Phil meint, naja, ziemlich viel und es wäre kein Problem, er versucht gerade seinen Nachbar zu erreichen, wahrscheinlich kann dieser ihn abholen. Ok, wir haben es versucht. Wir haben nun soweit alles im Auto und wollen los. Da kommt Opa Phil an und meint ob er vielleicht doch mit könne. Wir machen den Fehler und sagen ja. Mel sitzt bereits neben Zoey hinter Frank, Zoey bereits in ihrem Kindersitz. Normalerweise versuchen wir immer schnell loszufahren, damit Zoey schnell müde wird und sich nicht zu sehr über den engen Autositz beschwert. Frank räumt also schnell den Beifahrersitz frei und so hoffen wir es geht schnell los. Opa Phil muss aber erst mal telefonieren. Melanie hat verstanden, er würde nur schnell seinen Nachbarn Bescheid sagen. Nach gefühlten 10 Minuten warten, bekommt Frank erste Zweifel ob der nette Opa nett ist, denn er muss ja gesehen haben, dass wir losfahren wollen.

Frank steigt aus und macht den Fehler in Opa Phils Hotelzimmer zu schauen. Es sieht ein bisschen aus als würde Opa Phill alte Plastetüten sammeln. Frank wird etwas komisch im Bauch. Er fragt sich warum Opa Phil den Kühlschrank des Hotels auswischt, während die nette Familie aus Deutschland doch draußen wartet. Melanie hat die rettende Idee, dass wir erst mal tanken gehen während Opa Phil weiter am Kühlschrank putzt und seine Sachen packt. Nach 10 Minuten sind wir zurück. Frank wagt sich nochmal in das viel zu dunkle Hotelzimmer von Opa Phil. Dieser steht vor einem Haufen Tüten mit Müll und hält einen Berg Briefe in der Hand und überlegt offensichtlich wo er diese hintun soll. Frank schlägt vor diese in den Pappkarton zu stecken, der an der Tür steht und vermutlich darauf wartet ins Auto geladen zu werden. Opa Phil findet das gut und gibt Frank die Briefe. Frank macht den Fehler und nimmt die Briefe und stopft sie in den Karton, in welchem sich ein etwas klebriges Gerät befindet. Ein Blick auf den Kartonrand verrät, dass es sich um einen elektrischen Spiegeleikocher handelt. Wozu man sowas unterwegs braucht will Frank lieber nicht wissen und nimmt sich fest vor sich bei der nächsten Gelegenheit die Hände zu waschen. Melanie schaut Frank mit großen fragenden Augen an. Frank versucht sich nichts anmerken zu lassen, damit sie sich nicht schlecht fühlt und geht nochmal tapfer ins dunkle Zimmer und fragt ob er noch was ins Auto laden kann. Opa Phil deutet auf die Müllbeutel und meint er wäre auch gleich soweit. Franks leichtes Unbehagen wandelt sich in großes Unbehagen, doch es gibt kein zurück, nun müssen wir Opa Phil und seine Beutel mit nach Enterprise nehmen. Immerhin eine geschätze 2,5 Stunden Fahrt. Frank baut eine Stelle hinten im Kofferraum wo möglichst wenig Berührung zu unseren Sachen entsteht und fängt an die Tüten hineinzustopfen. Aus Einer schaut ein ausgepacktes riesiges Mayonnaise- oder Käsesandwich, was aussieht, als wäre es mindestens vier Tage alt und hätte die meiste Zeit beim Sonnenbaden verbracht. Frank wird etwas übel. Warum wirft man sowas nicht weg? Opa Phil ist immer noch im Hotelzimmer. Frank wagt sich nochmal hinein. Opa Phil steht mit einer weiteren Tüte mit zwielichtigem Inhalt im Raum und grübelt. Frank fragt, ob das auch mit muss und erfährt, das Opa Phil keine anderen Tüten mehr hat, über diese aber gerade seinen Kaffeebecher verschüttet hat. Wie kann man einen Kaffeebecher über die Mülltüte schütten? Versteckte Kamera? Frank greift nach der Tüte und fast in was feuchtes, klebriges was irgendwie angegoren riecht. Mit lang gestrecktem Arm und angewiedertem Gesicht läuft Frank raus ins Helle und sieht in der löchrigen klebrigen Tüte offene Dosen, einen offenbar sehr alten und bewachsenen Kaffeebecher und undefinierbare Dinge in undefinierbaren Aggregatzuständen. Der Gestank ist ziemlich übel. Frank überlegt kurz ob er das Ding einfach in die nächste Mülltonne werfen soll, aber wer weis was da drin ist, was dem Opa am Herzen liegt. Zum Glück bleibt Melanie im Auto und ahnt nicht wie schlimm es wirklich ist. Wir finden ein paar Tüten die wir nicht mehr brauchen und Frank stopft Opa Phils Müllbeutel hinein. Frank versucht weiter Melanie anzulächeln, welche sich fragt warum das alles so lange dauert. Frank stürmt in Opa Phils Hotelzimmer und schrubbt sich die Hände unter kochend heißem Wasser. Das fühlt sich trotzdem gut an.

Etwas gereizt fragt Frank Opa Phil nun ob es losgehen könne und er meint zum Glück, ja, das wäre alles. Frank setzt sich erleichtert hinter das Lenkrad und schaut Melanie unglücklich an. Opa Phil kommt nun tatsächlich aus dem Zimmer und hält doch tatsächlich noch einen alten Plastikbeutel in der Hand! Zum Glück läuft er damit Richtung Mülltonne! Oh nein, auf halben weg schlägt er einen Bogen ein und schlürft Richtung Heckklappe. Frank steigt wieder aus und schaut Opa Phil fragend an. “I found one more. That should be it!”. Die Tüte hat den gleichen undefinierbaren Inhalt wie die anderen Beutel – zum Glück tropft aber nix heraus. Auch diese Tüte findet noch ein Loch im vollgestopften Kofferraum – ohne irgendwas zu berühren, was wir noch gebrauchen könnten. Wieder sitzen wir wartend auf Opa Phil im Auto und hoffen das es nun endlich losgeht und Zoey friedlich bleibt. Opa Phil kommt wieder aus seinem Hotelzimmer und hat eine weitere Tüte in der Hand. Die sieht besonders alt und löchrig und voll aus. Vermutlich nun wirklich nur Müll. Tatsächlich läuft Opa Phil Richtung Mülltonne und Melanie und ich klatschen innerlich ab. Doch unsere Erleichterung schlägt in blankes Entsetzen um, als Opa Phil kurz vor der Mülltonne einen Bogen zurück zum Auto macht. Als ob er uns ärgern wöllte! Das gibts doch nicht. Frank springt aus dem Auto, vielleicht hat Opa Phil nur nicht genug Kraft bis zur Mülltonne? “Phil, what is this?”. Die Panik in Franks Stimme ist nun nicht mehr zu überhören. “Thats the last one, now I have everything!”. Opa Phil drückt Frank die Tüte in die Hand, die aussieht, als würde sie jeden Moment auseinanderfallen. Mittlerweile bereut Frank sein Angebot Opa Phil mitzunehmen. Aber es geht dann doch los.

Wir erfahren während der Fahrt das Opa Phil schon zwei Jahre in Enterprise wohnt, dass er 72 ist, eine “Neue” an der Angel hat die erst 54 ist, ein kleiner Rassist zu sein scheint, sich auch einen Van kaufen wird, das Deutschland clevere Generäle im zweiten Weltkrieg hatte, viele Amerikaner gar nicht wissen das viele technische Errungenschaften eigentlich aus Deutschland kommen, diese Gegend perfekt ist um unser Baby groß zu ziehen und das nicht unbedingt alle Jugendlichen Kriminelle sind. Opa Phil will auch immer wieder das wir mal abbiegen, dort wäre es schön usw. aber wir verpassen immer die Abfahrt, weil wir doch gern schnell die Müllbeutel und dessen Besitzer nach hause bringen wollen. Irgendwann gibt er zu, dass er unbedingt “eine Rauchen” muss und so fahren wir doch ab von der Hauptstraße Richtung Berge und Wald. Dort sei eine schöne Day-Use-Area.

20110717090725DSC_0037

Die Landschaft war schon die ganze Zeit über schön, doch hier am Rande der Berge ist es einfach genial. Wir fühlen uns als wären wir in einem Westernfilm oder wenigstens in der Zigarettenwerbung!

20110717091139DSC_0040

Noch mehr Pferde! Manche sogar mit Geweih!

20110717091445DSC_0041

Selbst Opa Phil ist begeistert. So nah hätte er noch nie Hirsche gesehen.

20110717091504DSC_0042

Er ist genauso beeindruckt wie wir und meint nun, dass er eigentlich auch unbedingt mal Campen gehen würde, am liebsten gleich! Frank ahnt schreckliches! Doch zum Glück gelingt es uns das Thema zu wechseln. Wir machen noch eine Raucherpause tief im Wald wo ein Campingplatz mit zwei Plätzen ist, so richtig tief im Nirgendwo. Opa Phil meint das wäre perfekt hier, doch wir ziehen es vor lieber Opa Phil nach hause zu fahren und uns was mit Wasser zu suchen.

20110717111657DSC_0048

Wir laden Opa Phil in Enterprise ab und finden einen Zeltplatz in einem anderen Tal, nicht ganz so weit ab vom Schuss. Auch hier kein Handyempfang, doch Campsite Nummer 7 am Hurrican Creek Campground ist toll und der Bach rauscht so laut, dass man sich auf zwei Meter Entfernung anbrüllen muss. Hier kann ruhig ein Zug vorbeifahren! Beim Auspacken entdecken wir, dass Zoey uns eine Überraschung gebaut hat!

20110717114727DSC_0049

Wir pflanzen ein paar Bäume um unser Zelt und fertig ist die Villa-Kunterbunt.

20110717143849P1040369

Zum Nachmittag fahren wir zum Wallowa Lake. An der Kreuzung vom nicht asphaltierten Waldweg zur Hauptstraße sehen wir zwei Rehkitze friedlich Gras futtern. Während Papa Frank schnell das Objektiv wechselt rennt eines auf die Straße und wir dürfen live auf 15 Metern Entfernung miterleben wie es überfahren wird. Uns ist einfach zum heulen! Doch es wird noch schlimmer. Der Typ der das Kitz gerade über den Haufen gefahren hat steigt aus, läuft zurück zum Reh was mitten auf der Straße liegt, sagt sich ohne zu Zögern die Vorderbeine an und schleift es zum Seitenstreifen. Das Rehkitz lebt noch und zappelt, doch er wirft es einfach den Abhang hinunter und steigt ein und fährt weiter! Es gibt solche und solche Leute. Ein weiteres Fahrzeug hält neben uns. Auch sie durften zusehen wie das Ding überfahren wurde. Eine weinende Oma steigt aus und stammelt dass das nicht fair sei. Ihr Enkelsohn steigt aus und Ruft den Forstservice an. Immerhin. Wir fahren traurig weiter und versuchen trotzdem den Nachmittag unter ein paar Bäumen zu genießen. Dort fallen im Minutentakt Raupen herunter die sich ein paar Amseln schmecken lassen.

20110717144043P1040370

Zoey gefällt es hier.

20110717145416DSC_0052

Der Wallowa Lake.

20110717150240DSC_0063

Bald können wir Zoey Zöpfe flechten.

20110717164956DSC_0071

Die Sonne verschwindet langsam und wir sehen zu wieder zu unserem Zelt zurück zu kommen.

20110717201939DSC_0079

Papa Frank macht alles klar für die Nacht und zieht seine sexy Wärmeunterhosen an. Es wird wohl kalt werden Der erste Härtetest für Zoey, die Neu-Camperin.

20110717194705DSC_0074

Wir ziehen Zoey dick an und sie schläft schnell ein. Wir sind trotzdem unruhig weil wir nicht wissen, ob es ihr warm genug ist oder schon zu warm. Außer Mama und Papa kann sie ja noch nix sagen. Wir lernen, dass sie die Handschuhe nicht mag, sonst übersteht sie und wir die erste kalte Nacht aber gut. Nun ist sie ein Profi!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen